Nahostkonflikt im StuPa

Das Studierendenparlament hat in seiner letzten Sitzung hitzig über den Krieg im Nahen Osten debattiert. Die Parlamentarier*innen forderten Entlastungen für betroffene FU-Studierende. Der Beschluss verurteilt die „Angriffe der Hamas“ und „Menschenrechtsverletzungen des israelischen Militärs“, berichten Sara Kenderes, Nico Preikschat und Victor Meuche.

Im Stupa haben die Parlamentarier*innen um eine Position zum Hamas-Angriff auf Israel gerungen. Illustration: Lena Leisten.

Die Sitzplätze waren restlos belegt, als das Studierendenparlament (StuPa) am 10. November über den Krieg in Nahost sowie über Antisemitismus und Rassismus debattierte. Am Ende der Sitzung einigte sich das StuPa auf den Antrag „Mitgefühl, Sichtbarkeit und Solidarität für alle Betroffenen der Gewalt in Israel/Palästina“. Der Antrag war vom „AStA-Block“ aus Linke Liste und Korfu-Liste eingebracht worden.

Obwohl von den insgesamt drei Anträgen nur der des AStA-Blocks Erfolg hatte – am lautesten stritten vor allem zwei Lager: einerseits Campusgrün und Jusos, andererseits Klasse gegen Klasse. Insbesondere KgK hatte viele Gäste mobilisiert, die zum Teil Kufiya trugen. Viele Parlamentarier*innen riefen dazwischen, die Sitzungsleitung verteilte Ordnungsrufe.

Entlastungen für betroffene Studierende

Der beschlossene Antrag von Linke Liste und Korfu schließt sich dem Statement des Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der FU vom 7. November 2023 an. Der AStA fordert, das Präsidium der FU solle sich zur Sicherheit für „israelische, jüdische, palästinensische und alle anderen von der Gewalteskalation betroffenen Studierenden“ bekennen. Die offizielle FU-Stellungnahme „Solidarität mit unseren israelischen Partnern“ sei zu „einseitig“.

Weiter verurteilt die Stellungnahme des AStA vom 7. November die „Angriffe der Hamas“ auf Israel einen Monat zuvor. Bei den Terrorangriffen hatten militante Islamist*innen hunderte Zivilist*innen ermordet und Geiseln genommen. Gleichzeitig spricht der Antrag von „schrecklichen Menschenrechtsverletzungen des israelischen Militärs im Gazastreifen“.

Anträge von Jusos, Grünen und Klasse gegen Klasse erfolglos

Keinen Erfolg hatten die Hochschulgruppen Campusgrün und Jusos mit ihrem Antrag „Nie wieder ist jetzt – Gegen jeden Antisemitismus weltweit!“. Auch ein Antrag der marxistischen Hochschulgruppe Klasse gegen Klasse (KgK), der „Solidarität mit Gaza und dem palästinensischen Widerstand“ forderte, scheiterte.

Jusos und Campusgrün appellierten in ihren Redebeiträgen gegen Antisemitismus in Deutschland und solidarisierten sich mit Jüdinnen*Juden wie den Opfern des Hamas-Terrors. Es sei „eine Selbstverständlichkeit, bei einem brutalen, terroristischen Überfall den Opfern und nicht den Täter*innen zur Seite zu stehen.“

Die Redner*innen von KgK hingegen kritisierten die Stellungnahme der FU sowie die Beiträge aus den Reihen von Campusgrün und Jusos als unhaltbar. Es müsse auch über die 75-jährige, fortwährende Entrechtung von Palästinenser*innen sowie die humanitäre Katastrophe in Gaza gesprochen werden. Des Weiteren problematisierte KgK eine Generalisierung von Palästinenser*innen als Täter*innen und zunehmenden Rassismus.

Klasse gegen Klasse spricht von „Genozid an der palästinensischen Bevölkerung“

Andrés Garcés von KgK: „Das Leid von Menschen wird instrumentalisiert, um eine rassistische Agenda voranzutreiben. Migrant*innen werden unter den Generalverdacht des Antisemitismus gestellt.“ Als einzige Hochschulgruppe sprach KgK im StuPa explizit von einem „Genozid an der palästinensischen Bevölkerung“ – und erntete dafür scharfe Kritik der anderen Gruppen.

Jusos und Campusgrün kritisieren die Positionen von KgK als Aufweichung der Solidarität mit Jüdinnen*Juden sowie mit Israel. Sophia Pott von Campusgrün sagte nach der Sitzung gegenüber FURIOS: „Im Angesicht dieses grausamen Terrors der islamistischen Hamas ist es weder zielführend noch angebracht, den komplizierten und jahrtausendealten Konflikt im Nahen Osten aufarbeiten zu wollen.“

„Das ist eine falsche Unterstellung. Unsere Kundgebung hat sich mehrfach von der Hamas und von Antisemitismus distanziert.“

Andrés Garcés, Klasse gegen Klasse

Thomas von der Korfu-Liste, der seinen Nachnamen nicht verraten will, hatte wiederum viel an den beiden anderen Anträgen auszusetzen: der von Campusgrün und Jusos sei zu einseitig zulasten palästinensischer Studierender, der von KgK zu antiisraelisch. Auch andere Fachschaftsinitiativen positionierten sich, darunter etwa die FSI Geschichte, deren Mitglieder sich intern jedoch nicht immer einig waren. Überraschend leise war es in den Reihen des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS).

Jusos, Campusgrün, Linke Liste/Korfu: KgK distanziert sich nicht glaubwürdig von Antisemitismus

Immer wieder kam im StuPa auch eine Palästina-solidarische Kundgebung zur Sprache, die am 3. November an der FU stattgefunden hatte. Auf der von KgK mitorganisierten Demo, bei der FURIOS zugegen war, hatten manche Teilnehmende den Spruch „Von Dahlem bis nach Gaza, Yallah Intifada“ gerufen. Für Jusos, Campusgrün und Linke Liste/Korfu zeigt das: KgK distanziere sich nicht glaubwürdig von Antisemitismus. 

KgK entgegnete, der Begriff „Intifada“, arabisch für „Aufstand“, sei nicht per se antisemitisch. Die anderen Gruppen überzeugten diese Erklärungen nicht. Sophia Pott von Campusgrün sagte FURIOS: „Solche Sprüche stellen jüdisches Leben und den Staat Israel in Frage. Das ist für mich ganz klar antiisraelischer Antisemitismus.“ Andrés Garcés: „Das ist eine falsche Unterstellung. Unsere Kundgebung hat sich mehrfach von der Hamas und von Antisemitismus distanziert.“

„Ich brauche keine Definitionsduseleien, um den Hamas-Terror und grassierenden Antisemitismus benennen zu können.“

Finn St. Pierre, Jusos

Wo beginnt Antisemitismus? Und ist Israel ein „kolonialer Siedlerstaat“, der einen „Genozid“ in Gaza verübt? Wenn die Sitzung eines deutlich gemacht hat, dann, dass das umstrittene Definitionsfragen sind. Allein für Antisemitismus gibt es mehrere Definitionen: darunter die Jerusalemer Erklärung, auf die sich KgK beruft, sowie den 3-D-Test für Antisemitismus, auf den Campusgrün gegenüber FURIOS verwies.

Nicht alle fanden die ausführlichen Begriffsdebatten zielführend. Finn St. Pierre von den Jusos: „Ich brauche keine Definitionsduseleien, um den Hamas-Terror und grassierenden Antisemitismus benennen zu können.“

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