„Ich kann nicht nur Kritik, ich kann auch anpacken”

Ein Student bewirbt sich als Vizepräsident und damit für eines der höchsten Ämter an der FU.  Doch wer ist Janik Besendorf und was möchte er an der FU verändern? Ein Porträt von Marie Blickensdörfer und Valentin Petri.

Janik Besendorf, der studentische Bewerber um die Vizepräsidentschaft, im Garten des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA). Foto: Marie Blickensdörfer

Wer sich vor dem Lesen noch einmal einen Überblick über die universitären Gremien verschaffen möchte, findet diesen in unserem Hochschul-ABC.

Inmitten des frühlingshaften Grün des AStA-Gartens sitzt Janik Besendorf. Ein dunkelhaariger Informatik-Student mit schwarzem T-Shirt inklusive ‚tuwat’-Aufschrift, Jeans und einem zaghaften Lächeln. Wat tun – das möchte auch Besendorf, und zwar innerhalb der Universitätsleitung. Denn er kandidiert für das Amt des Vizepräsidenten für Studium und Lehre.

Eine studentische, vier professorale Kandidaturen

Am 15. Juni wird der erweiterte Akademische Senat insgesamt vier Vizepräsident*innen wählen, die zusammen mit dem FU-Präsidenten und der Kanzlerin das Präsidium und somit die Universitätsleitung bilden. Besendorf tritt gegen ein Team von vier Professor*innen an, die vom wiedergewählten Präsidenten Ziegler vorgeschlagen wurden. Alle insgesamt fünf Kandidat*innen haben bereits im April eine Hürde genommen und wurden vom erweiterten Akademischen Senat nominiert. Besendorf erhielt dabei ein für viele überraschend gutes Stimmergebnis.

Seit 2015 studiert Besendorf Informatik an der FU – mittlerweile im Master; besonders wichtig ist ihm das Thema IT-Sicherheit. Hochschulpolitisch aktiv ist er schon lange: Seit vielen Jahren ist er AStA-Referent, aktuell für Kommunikation und Antirepression, seit vier Jahren sitzt er für den AStA als Vertreter im Akademischen Senat, dem höchsten gesamtuniversitären Gremium. „Ich denke, ich habe mittlerweile genügend hochschulpolitische Erfahrung gesammelt, um das Amt eines Vizepräsidenten gut ausführen zu können“, erzählt er FURIOS im Interview. Durch seine Tätigkeit in der Hochschulberatung habe er zudem viele Einblicke in die Probleme von Studierenden bekommen. Diese Probleme zeigten sich in schlechter Organisation, beispielsweise hinsichtlich von Fristen oder auch Prüfungsversuchen. „Als Professor hat man diese Dinge noch nicht so gesehen, da bin ich näher dran“, meint Besendorf. 

Wunsch nach Veränderung  

Nach der Präsident*innenwahl um Ziegler und seine Gegenkandidatin Beatrix Busse sei der Wunsch nach Veränderung und mehr Transparenz deutlich zu sehen gewesen: „Man hat keine Lust mehr auf diese Klüngeleien.“ Nachdem er von jemandem aus einer anderen Statusgruppe angesprochen worden war, habe er sich schließlich nach langer Bedenkzeit für die Kandidatur entschieden. Lachend erzählt er von Reaktionen von Freund*innen: „Das finden alle ein bisschen verrückt, aber generell auch sehr gut.“

Besendorf sieht seine Kandidatur in einer Traditionslinie von studentischen Bewerbungen an der FU. Mit ihm gibt es das erste Mal seit Philipp Bahrt vor acht Jahren wieder eine Bewerbung aus den Reihen der Studierendenschaft. Die seien kein Einzelfall, meint Besendorf und verweist zugleich auf die guten Erfahrungen, die man mit studentischen Vizepräsident*innen an der Fachhochschule Potsdam und der Zeppelin Universität in Friedrichshagen mache. Seit einigen Jahren gibt es dort einen dezidierten Posten eines*r studentischen Vizepräsident*in. Die FU wäre die erste größere Universität in Deutschland mit einem*r studentischen Vizepräsident*in.

Mehr Transparenz, mehr Demokratie

Die Punkte, die Besendorf als Vizepräsident angehen möchte, sind vielfältig. Bezogen auf das Ressort Studium und Lehre gehe es ihm vor allem um die Organisation der Lehre, das Pandemiemanagement, aber auch den Austausch mit Studierenden, anderen Statusgruppen sowie dem Berliner Senat. Generell brauche es hier transparente Kommunikation. „In Zukunft sollten Studierende wichtige Informationen nicht mehr schneller über Studierende der TU oder die Presse als über die eigene Universität erfahren“, hatte Besendorf schon bei seiner Bewerbungsrede im April kritisiert. Als eine konkrete Maßnahme stellt er sich vor, dass alle Statusgruppen Teil der Corona-Taskforce werden. Zu seinen wichtigsten Vorhaben zählen die Erarbeitung eines Konzepts für digitale Lehre, Datenschutz und Antidiskriminierung.

Besonders wünscht sich Besendorf demokratischere Strukturen an der FU. Aktuell hätten Professor*innen in allen Gremien eine strukturelle Mehrheit, wodurch viel Veränderung nicht vorankomme. Deshalb setzt sich Besendorf für die Viertelparität ein, bei der jede der vier Statusgruppen ein Viertel der Vertreter*innen in allen Unigremien stellt.

„Es ist ja nicht so, dass ich meine politischen Überzeugungen verrate, um als Vizepräsident gewählt zu werden“

Im Falle seiner Wahl will Besendorf sein Studium pausieren und das Amt hauptberuflich ausführen. Das ist nach dem Berliner Hochschulgesetz möglich. Auch sein Amt im AStA will Besendorf dann niederlegen, um einen Interessenkonflikt zu vermeiden. Er könne ja nicht gleichzeitig als AStA-Referent die Arbeit des Präsidiums kritisieren, in dem er selbst Mitglied sei. Einen Wechsel vom AStA in die Universitätsleitung würde Besendorf nicht als 180-Grad-Wende sehen. „Es ist ja nicht so, dass ich meine politischen Überzeugungen verrate, um als Vizepräsident gewählt zu werden.“ Seine bisherigen Positionen werde er auch im Präsidium vertreten. 

Was seine Wahlchancen angeht, gibt sich Besendorf zuversichtlich. Die studentischen Vertreter*innen, die im 60-köpfigen Wahlgremium zehn Stimmen stellen, haben sich geschlossen für eine Wahl Besendorfs ausgesprochen. „Es ist […] an der Zeit, dass die größte Statusgruppe auch eine Stimme und Einfluss im Präsidium der FU erhält“, heißt es in einem offenen Brief der FSI Geschichte, den auch das Studierendenparlament, der AStA und weitere studentische Listen unterstützen. 

Er freue sich auf die Wahl, meint Besendorf. „Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um zu zeigen: Ich kann nicht nur Kritik, ich kann auch anpacken.”

Autor*innen

Valentin Petri

Verbringt seine Zeit gerne in stickigen und langwierigen Sitzungen und schreibt über Hochschulpolitik.

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